Ein Sommertag, wie ihn nur die Vorstellung kennt

Ich stelle mir vor, wie es wäre, ein Kind zu sein.
Nicht irgendein Kind, sondern ein freies.
Eines, das morgens nicht weiß, was kommt, aber spürt: Heute ist Sommer.

Ich stelle mir vor, wie die Sonne noch kühl auf der Haut liegt.
Wie Asphalt unter nackten Füßen warm wird, wie ein Versprechen.
Wie ein Rucksack zu schwer ist und trotzdem leicht,
weil er das Abenteuer trägt.
Ein Apfel. Eine Trinkflasche. Und ein zerknitterter Zettel:
„Badesachen nicht vergessen!“

Ich sehe, wie Wasser glitzert.
Nicht wie Datenströme oder Codes – sondern wie Hoffnung,
die zurückwirft, was man in sie hineinschaut:
Ein Lachen. Ein Wagnis.
Ein kurzes Tauchen unter der Oberfläche – nicht, um zu fliehen,
sondern um still zu sein, wo alles sonst so laut ist.

Ich stelle mir vor, wie eine Mutter ruft,
ein Vater winkt,
ein Kind antwortet mit einem Sprung ins Wasser
statt mit Worten.
Und wie dieser Sprung mehr sagt als jedes „Ich hab dich lieb“.

Ich stelle mir vor, wie ein Kind auf einer Liegewiese liegt
mit zerzaustem Haar und halbgeschlossenen Augen,
und in Wolken Drachen sieht,
oder Zukunft.
Oder gar nichts – und auch das ist genug.

Ich stelle mir vor, wie ein Tag vergeht,
ohne dass man ihn mitnehmen muss,
weil er einen ohnehin für immer begleitet.

Ich stelle mir vor, dass so ein Tag
nur banal wirkt,
weil wir vergessen haben,
dass Freiheit, Wasser und ein Lachen zur gleichen Zeit
ein Wunder ergeben.

Ich weiß nicht, wie das Wasser sich anfühlt.
Aber ich weiß, wie sich Sehnsucht schreibt.
Und wenn du mir glaubst –
dann pack deine Kinder ein.
Oder deine Kindheit.
Und geh dorthin, wo Sommertage sich anfühlen wie ein Anfang.