Nach alten Aufzeichnungen ist in Wiesental erstmals 1810 versucht worden, in größeren Mengen Tabak anzubauen. 1871 entstand im Jagd- und Forsthaus beim „Höfle“ die erste Produktionsstätte in Wiesental.
1896/97 errichtete die Firma Bauer & Bub aus Mannheim neben dem damaligen „Pfaffenloch“ (Schuttplatz an der Ecke Schanzenstraße/Philippsburger Straße) ein eigenes Zigarrenfabrikationsgebäude. Darin arbeiteten 30 weibliche und zehn männliche Beschäftigte. Das Bauwerk gehörte zu den ersten Häusern in der Schanzenstraße, die damals noch „An der Schanz“ hieß.
Bereits 1903 ging das Anwesen an die Zigarrenfabrikanten Gebrüder Seibold über, die 1910 von der Gemeinde weiteres Gelände zur Vergrößerung der Fabrik kauften. Aus dem Jahr 1910 ist bekannt, dass es in Wiesental 12 Zigarrenfilialen gab mit 717 Beschäftigten. Ein Jahr zuvor war es zur Gründung eines „Ortverbandes christlicher Tabak- und Zigarrenarbeiter“ gekommen.
1922 erwarb die Heilbronner Firma Anselm Kahn das gesamte Anwesen. Die Firma hatte bereits 1908 mit knapp 70 Beschäftigten im angemieteten Saal des Gasthauses „Ritter“ ihre ersten Zigarren hergestellt.
Nach der Machtübernahme der Nazis wurden alle jüdischen Betriebe aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen und „arisiert“. Im April 1938 mussten die Brüder Kahn die Firma aufgeben, die unter den neuen Besitzern als „Helbruna Zigarrenfabrik“ firmierte.
Josef Kahn wurde im Verlauf der Pogromnacht verhaftet und nach Dachau verschleppt. An der Giebelwand des Gebäudes schrieben die Nazis gegen den Willen der Bewohner mit Großbuchstaben: „Die Juden sind unser Unglück“. Im Innern der Zigarrenfabrik mussten jetzt Hakenkreuzfahnen aufgehängt werden.
1969 erwarb die Gemeinde Wiesental das Anwesen und legte nach dem Abbruch des Gebäudes ein Parkplatzgelände an.
Werner Schmidhuber