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Vortrag Benz

Am Sonntag, 14.9.2025 hielt der renommierte Zeithistoriker Prof. Dr. Wolfgang Benz aus Berlin in der Pachthofscheuer in Ernsbach einen Vortrag mit dem...
Vortrag mit dem Titel „Allein gegen Hitler – Leben und Tat des Johann Georg Elser

Am Sonntag, 14.9.2025 hielt der renommierte Zeithistoriker Prof. Dr. Wolfgang Benz aus Berlin in der Pachthofscheuer in Ernsbach einen Vortrag mit dem Titel „Allein gegen Hitler – Leben und Tat des Johann Georg Elser“. An der vom Verein „Sophie Scholl aus Forchtenberg – Gedenken und Erinnern im Hohenlohekreis“ e.V. organisierten Veranstaltung nahmen rund 70 Zuhörer teil, die den Worten des international bekannten Experten für die Geschichte des Nationalsozialismus, des Antisemitismus und des Widerstands gebannt lauschten.

Nach dem Grußwort des Forchtenberger Bürgermeisters Michael Foss als erstem Vorsitzenden des Vereins, der auf die wichtige Bedeutung der Gedenkarbeit abhob und den Verein kurz vorstellte, und der Vorstellung des Referenten durch Kreisarchivar Dr. Thomas Kreutzer trat Prof. Benz ans Rednerpult. Auf der Grundlage seiner 2023 erschienenen Biografie über Georg Elser führte er das Publikum in die Lebenswelt und das Denken und Handeln seines Protagonisten ein. Elser fand, anders als andere Widerstandsgruppen, wie die Weiße Rose oder die Offiziere des 20. Juli, relativ spät Eingang in die Geschichtsforschung und das öffentliche Bewusstsein. Dies lag vor allem daran, dass man lange nicht wahrhaben wollte, dass Elser seine Aktion – den Versuch, den Diktator Adolf Hitler mit einer Bombe zu töten und damit den weiteren Fortgang des gerade begonnenen Krieges zu verhindern – völlig eigenständig plante und in die Tat umsetzte. Lange Zeit lag der von den Nazis verbreitete Verdacht in der Luft, dass Elser in britischem Auftrag gehandelt habe; unter Regimegegnern kursierte die Mutmaßung, er sei von der SS zu einer Art Scheinattentat angestiftet worden, um die Unantastbarkeit des „Führers“ zu demonstrieren.

Georg Elser, geboren 1903, wuchs in wenig behüteten Verhältnissen im schwäbischen Königsbronn auf. Er erlernte das Schreinerhandwerk, wobei er sich zeitlebens vor allem als Kunstschreiner verstand. Schon früh erkannte er das bedrohliche und menschenfeindliche Potenzial des Nationalsozialismus, indem er mit wachem Geist und moralischem Verantwortungsgefühl das politische und gesellschaftliche Treiben im Deutschland der 1930er-Jahre betrachtete. Nach Elsers Ansicht, wie er sie in den späteren Verhören durch die Gestapo äußerte, hatten sich unter dem NS-Regime die Lebensbedingungen der Arbeiterschaft verschlechtert. Außerdem sah er das Land spätestens seit der Sudetenkrise 1938 auf einen neuen Krieg zusteuern. In diesem Jahr begann er mit den Planungen für ein Attentat auf Hitler, den Hauptverantwortlichen für diese Entwicklung.

Als „Perfektionist“ (Benz) bereitete sich Elser akribisch darauf vor, indem er den geplanten Ort des Geschehens, den Münchner Bürgerbräukeller, mehrfach besuchte und in mühseliger Kleinarbeit präparierte. Die Zeitbombe stattete er mit einem besonderen Zünder aus. Als Zeitpunkt wählte er den 8. November 1939, denn wie jedes Jahr zu diesem Datum würde Hitler bei den Feierlichkeiten zur Erinnerung an den Hitlerputsch von 1923 im Bürgerbräukeller eine Rede halten. Die Bombe explodierte schließlich um 21.20 Uhr, acht Menschen starben und 57 wurden verletzt. Hitler und seine Entourage jedoch hatten den Ort, gegen jede Gewohnheit, bereits um 21.07 Uhr in Richtung Hauptbahnhof verlassen, da er am nächsten Morgen in Berlin wegen weiterer Kriegsplanungen einen Termin wahrnehmen wollte. Elser hatte beabsichtigt, sich bei Konstanz über die grüne Grenze in die Schweiz abzusetzen, doch da er damit zu lange wartete und sich außerdem verdächtig verhielt, wurde er unmittelbar zuvor von Zollbeamten kontrolliert und festgesetzt.

Nach langen Verhören, bei denen er auch misshandelt wurde, kam Elser 1941 ins KZ Sachsenhausen, wo er als „persönlicher Gefangener“ Hitlers unter relativ erträglichen Bedingungen untergebracht war, da erst nach dem „Endsieg“ in einem öffentlichen Schauprozess über ihn gerichtet werden sollte. Wegen der heranrückenden Roten Armee verlegte man ihn später ins KZ Dachau. Auf Hitlers Anordnung wurde Georg Elser am 9. April 1945 in Dachau mit Genickschuss getötet, nur einen Monat vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

In der auf den Vortrag folgenden Fragerunde, an der sich die Zuhörer rege beteiligten, antwortete Prof. Benz unter anderem auf die Frage, welche Lehre aus dem Attentatsversuch zu ziehen sei, dass er keineswegs den „Tyrannenmord“ propagieren wolle. Die Geschichte ließe sich nicht „eins zu eins“ auf die Gegenwart anwenden. Doch man könne daraus lernen, die aktuellen politischen Entwicklungen mit offenen Augen zu verfolgen. Elser hatte den verbrecherischen Charakter des NS-Regimes von Anfang an erkannt und ihm seine Unterstützung entzogen. Diese Möglichkeit habe nach Benz’ Ansicht allen Deutschen offen gestanden, doch diese hätten – anders als Elser – Hitler mit großer Mehrheit zugejubelt und das NS-System umfänglich gestützt. Vor allem in den ersten Jahren ab 1933 hätte es noch Möglichkeiten gegeben, dem Spuk frühzeitig ein Ende zu bereiten, wenn nur genügend Menschen sich zur Wehr gesetzt hätten. Benz zog Analogien zur Gegenwart, in der rechtsextreme Kräfte die Demokratie bedrohen und zu untergraben suchen. In seinen Augen müssten Politik und Gesellschaft sehr viel wachsamer und aktiver auf entsprechende Tendenzen reagieren, um eine Wiederkehr der damaligen Verhältnisse zu verhindern. Das Publikum dankte ihm diese deutlichen Worte mit unterstützenden Kommentaren und Applaus. Auch Bürgermeister Foss dankte in seinen Schlussworten dem Referenten unter dem Beifall des Publikums für den anregenden Vortrag.

Vortrag mit dem Titel „Allein gegen Hitler – Leben und Tat des Johann Georg Elser
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Ausgabe 38/2025
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