Von einem „Erleuchtungsmoment“ sprach Waghäusels Oberbürgermeister Thomas Deuschle bei einer Feierstunde in der Eremitage und lüftete wenig später das Geheimnis. Nach einem 27-jährigen „Dornröschenschlaf“ im Keller der evangelischen Erlöserkirche in Wiesental ist das 1957 von dem Karlsruher Künstler Professor Albert Finck fertiggestellte zwei Meter hohe Kirchenfenster wieder in das kleine Barockschloss zurückgekehrt. Allerdings nicht am alten Platz, weil der frühere Betsaal der Zuckerfabrik mittlerweile als Trauzimmer genutzt wird. „Wir wollten die konfessionelle Neutralität dieses Raumes wahren“, sagte der Rathauschef. Dafür wurde das aus mundgeblasenem Antikglas kunstvoll hergestellte Kirchenfenster mit dem Bildnis des „Auferstandenen“ von der örtlichen Schreinerei Scheurer eingebaut und von hinten „erleuchtet“.
Vorausgegangen ist eine professionelle Restaurierung durch Lucie Selb und Melanie Konrad aus Karlsruhe. „Möglich war dies dank großzügiger Sponsoren“, lobte das Stadtoberhaupt. Sein besonderer Dank galt der Sparkasse Kraichgau mit dem Vorstandsvorsitzenden Norbert Grießhaber und der Sparkasse Karlsruhe mit Vorstandsmitglied Lutz Boden. Die beiden Geldinstitute haben sich mit jeweils 5.000 Euro an den Kosten beteiligt. Der Lions Club Waghäusel Eremitage, der 2.500 Euro gespendet hatte, war durch Präsident Friedrich Hoffmann und Gerhard Bender vertreten.
Dr. Antje Gillich von der Stadtverwaltung Waghäusel ging auf die Geschichte des Betsaals ein, der 1860 von der Direktion der Zuckerfabrik für die protestantischen Beschäftigten eingerichtet wurde. Nach der Werksordnung mussten damals die Mitarbeitenden sonntags zum Gottesdienst. Antje Gillich beschrieb auch den langen Weg von der Schenkung des Fensters durch den evangelischen Oberkirchenrat an die Stadt Waghäusel bis zur heutigen Präsentation. Bestätigung bekam sie von Restauratorin Lucie Selb, die an die Schrecksekunde beim ersten Anblick im Keller der Erlöserkirche erinnerte.
In Anwesenheit der evangelischen Pfarrerin Charlotte Hoffmann und mehrerer Mitglieder des Gemeinderats waren jedoch am vergangenen Dienstagabend bei der Übergabe des Kirchenfensters alle Mühen vergessen. Sehr zur Freude von Margarete Frick, der jüngsten Tochter des Künstlers Albert Finck. „Mein Vater hätte heute seine Freude gehabt“, sagte sie und freute sich, dass ihr Bruder – wie geplant – das Kirchenfenster der evangelischen Gemeinde nicht abkaufen konnte.
Kurt Klumpp